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Mr. Shi und der Gesang der Zikaden
USA, 2007 Drama, 83 Minuten
Originaltitel: A Thousand Years of Good Prayers
Kino-Start: 10.04.2008
Regie: Wayne Wang
Darsteller: Henry O (Mr. Shi), Feihong Yu (Yilan), Pavel Lychnikoff (Boris), Vida Ghahremani (Iranerin)
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Der aus Hongkong stammende Filmemacher Wayne Wang, der neben zahllosen Auszeichnungen auch einen Deutschen Filmpreis für "Smoke - Raucher unter sich" von 1995 im Regal stehen hat, kann mit "Mr. Shi und der Gesang der Zikaden" einen weiteren daneben stellen. Der Film über einen chinesischen Rentner, der seine Tochter nach ihrer Scheidung in den USA besucht, gewann beim Festival in San Sebastián die Goldenen Muschel für den Besten Film.
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Der Empfang am Flughafen von Spokane, einer Stadt im US-Bundesstaat Washington, ist nicht gerade herzlich. Dort ist gerate Mr. Shi (Henry O) eingetroffen. Mr. Shi ist Witwer und lebt in Peking. Seine Tochter Yilan (Feihong Yu), die hierher gezogen ist, sieht er zum ersten Mal seit zwölf Jahren wieder.
Nach der unterkühlten Begrüßung fahren sie in die Vorstadt, wo sie ein nüchtern eingerichtetes Apartment besitzt. Nach dem wortkargen Abendessen, das nicht so recht nach dem Geschmack der an die traditionelle chinesische Küche gewohnten Mr. Shi ist, verfällt er in alte Muster und ermahnt Yilan ins Bett zu gehen.
Am nächsten Tag lässt sie ihren Vater allein und geht zur ihrer Arbeit als Bibilothekarin. Auch am abend führt sie ihr gewohntes Leben fort, ohne den wenig willkommenen Gast. Der war eigentlich nach Amerika gekommen, um Yilan nach ihrer Scheidung beizustehen - für Mr. Shi ein schwer vorstellbarer Vorgang.
Doch seine Tocher, die sich mittlerweile deutlich von ihm entfremdet hat, ist davon weit weniger beeindruckt, hat sie sich doch von ihrem Mann getrennt, um eine Beziehung mit Boris (Pavel Lychnikoff) zu führen, der aus Russland kommt und dort eine Frau und ein Kind zurückgelassen hat.
Obwohl der Rentner merkt, dass Yilan unglücklich ist, kann er nichts tun. Sie will wenig über ihr jetziges Privatleben preisgeben, und das wenige was ihr Vater weiß, missbilligt er. Mr. Shi stellt fest, dass seine Hilfe offenbar weder erforderlich noch erwünscht ist. Auf sich allein gestellt, macht er einen Ausflug zu Fuß.
In einem Park trifft er auf eine ältere Immigrantin (Vida Ghahremani) aus dem Iran und beginnt mit ihr ein Gespräch. Obwohl beide nur sehr gebrochen Englisch sprechen, schaffen sie es doch bemerkenswert gut, sich zu verständigen. Doch die aufkeimende Freundschaft wird bald zerstört, als ihr Sohn sie in ein Pflegeheim bringen will...
Mr. Shi begegnet noch anderen Menschen, etwa zwei mormonischen Missionaren, die ihn in Yilans Wohnung besuchen. Bei einem Disput mit ihnen wird deutlich, wie sehr der alte Mann in erstarrten kommunistischen Ideologien verhaftet ist, doch auch die beiden religiösen Eiferer haben keinen allzu großen Horizont. Dann kommt es doch noch zu einer Aussprache mit Yilan, wobei endlich Schatten aus der Vergangenheit ans Licht kommen...
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Film-Inhalt |
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Widriges Willkommen: Yilan (Feihong Yu) und Mr. Shi (Henry O) am Airport |
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Hintergrund | |
Mr. Shi in der Wohnung seiner Tochter | |
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Wayne Wang mutmaßt, dass die Handlung der Kurzgeschichte in Iowa spielt, wo Autorin Yiyun Li, die 1996 aus Peking nach Amerika kam, Medizin studiert und später einen Abschluss im Writer's Workshop machte. Die Produktionsfirma North by Northwest entschied sich schließlich für Spokane in Osten von Washington, da sie dort gute Erfahrungen mit vorherigen Filmen gemacht hatte.
Neben passender Bebauung mit einförmigen Apartment-Siedlungen stellte sich auch die Einwohnerschaft als hilfreich heraus: Die ethnischen Gruppen aus der Geschichte von "Mr. Shi und der Gesang der Zikaden" kommen dort in größerer Zahl als Einwanderer vor. Da Wang vorwiegend auf Laiendarsteller zurückgriff, vereinfachte dies das Casting mit Bewohnern vor Ort sehr.
Bei den beiden Hauptdarstellern, die wie ihre Rollen ebenfalls aus China stammen, ergab sich, dass die unterschiedlichen Vitae sich letztlich ergänzten: Während Feihong Yu ähnlich wie die Figur Yiylan im Film 1994 in die USA emmigrierte, ist ihr älterer Kollege bereits viele Jahrzehnte im Land. Dementsprechend fiel es ihm anfangs schwer, so holprig wie ein soeben eingetroffener Chinese Englisch zu sprechen.
Also half ihm Yu dabei mit ihrer frischen Erinnerung. Sie spricht fließend Mandarin und Englisch und ist in der Lage den Akzent der einen Sprache in die andere einfließen zu lassen. Sie war bereits in Wangs "Töchter des Himmels" ("The Joy Luck Club") für eine Nebenrolle besetzt, sprach damals kaum Englisch, hatte aber mittlerweile in Los Angeles die Sprache gelernt.
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"Zoetrope All-Story" ist ein vierteljährlich erscheinendes Magazin von Kurzgeschichten, das von Francis Ford Coppola herausgegeben wird. Dessen Redakteur Michael Ray gab Wayne Wang eine Erstveröffentlichung von Yiyun Li zu lesen, deren Geschichten in "All-Story" erschienen waren.
"Als ich Yiyun Lis Kurzgeschichte 'A Thousand Years of Good Prayers' las, faszinierte mich, dass Sprache sowohl befreiend als auch beengend wirken kann", erinnert wich der Regisseur. "Auf gewisse Weise konnte ich mich mit Yilan identifizieren. Die Geschichte erinnert mich an die Werke von Yasujiro Ozu, für den ich als Filmstudent Bewunderung hegte."
Obwohl Neuling auf diesem Gebiet, entsprach Yiyun Li dem Wunsch Wangs, selbst das Drehbuch zu schreiben. Er besorgte ihr ein dafür geeignetes Computerprogramm und gab ihr Hilfestellung bei der inhaltlichen Umsetzung von einer Kurzgeschichte zum Skript. Und auch Michael Ray nahm an der Adaption beratend teil.
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Das Drehbuch | |
Zwei Fremde werden Vertraut: Shi und die Iranerin (Vida Ghahremani) | |
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Zur Grossansicht bitte auf das jeweilige Bild klicken:
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Bild-Gallerie |
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Die Mormonen können Shi nicht bekehren | |
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Stab und Besetzung |
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Allmählich kommen sich Vater und Tochter näher | |
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Regie: Wayne Wang
Buch: Yiyun Li, Michael Ray
Produktion: Yukie Kito, Rich Cowan
Musik: Lesley Barber
Darsteller: Henry O, Feihong Yu, Pavel Lychnikoff, Vida Ghahremani, Wes Deitrick, Angela Dierdorff Petro, Liz Mathews, Ryan Sanson, Trent Sweeney, Patrick Treadway, Lonny W. Waddle, Jared Wagner
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Zeitgleich mit dem Film "Mr. Shi und der Gesang der Zikaden" in der Regie von Wayne Wang liefen am 10.04.2008 in Deutschland im Kino auch die folgenden Spielfilme an: Up! Up! To the Sky! Komödie, Deutschland, 2008
Tödliche Entscheidung Thriller, USA, 2007
Outsourced - Auf Umwegen Zum Glück Komödie, USA, 2006
Der Rote Baron Drama, Deutschland, 2008
21 Drama, USA, 2008
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