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Eisenfresser
Bangladesch, Deutschland, 2007 Dokumentation, 85 Minuten
Kino-Start: 12.06.2008
Regie: Shaheen Dill-Riaz
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Auf seiner Premiere beim Dokfest München erregte ein Film mit einem reißerisch scheinenden Titel Aufmerksamkeit. Der Dokumentarfilm von Shaheen Dill-Riaz heißt "Eisenfresser", und so werden auch seine Protagonisten genannt - Saisonarbeiter, die für einen Hungerlohn in Bangladesch die Schiffe aus den Wohlstandsländern abwracken.
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Bangladesch ist eines der dichtes besiedelten und gleichzeitig eines der ärmsten Länder der Welt. Überschwemmungen und Hungersnöte haben viele Menschen an den Rand ihrer Existenz getrieben. So sind die Bengalen für jede Tätigkeit dankbar, die sie und ihre Familien ernähren kann, und sind dafür oft auch bereit, quer durchs Land zu fahren.
An der Küste vor Chittagong, der zweitgrößten Stadt im Südosten des Landes am Golf von Bengalen, finden sich Saisonarbeiter ein. Viele von ihnen Bauern, denen das karge Land nicht mehr genug Ertrag bietet, und oftmals haben sie eine weite Reise hinter sich. Ihr Job hier vor Ort: Schiffe abwracken.
Seien es Containerfrachter, Öltanker oder ausgemusterte Fähren - aus aller Herren Länder, vorwiegend Industriestaaten. Dort wäre es viel teurer, sich des alten Eisens zu entledigen: Hohe Löhne und strenge Auflagen bringen manche Reeder dazu, über billigere Alternativen als das Abwracken im eigenen Land nachzudenken.
So treten also die außer Dienst gestellten Schiffe ihre letzte Reise um den halben Globus an und werden am Strand von Chittagong von Hunderten von Arbeitern in Empfang genommen, die mit bloßen Händen die Stahltrossen anpacken, um die stählernen Kolosse an Land zu ziehen. Barfuß und ohne Handschuhe oder Schutzkleidung machen sie sich an die gefährliche Knochenarbeit, darunter viele Halbwüchsige oder gar Kinder. "Lohakhor" werden sie genannt, das bengalische Wort für "Eisenfresser"
Der Lohn für die beschwerliche und riskante Plackerei: 20.000 Taka, umgerechnet rund 200 Euro im Monat. Doch die rechtzeitige Auszahlung ist keineswegs selbstverständlich, die Arbeiter müssen ihrem Geld oft hinterherlaufen. Der Grund ist fadenscheinig: Ein Arbeitgeber fürchtet, wenn er seinen Angestellten das Geld in bar auszahlt, würden sie damit verschwinden, und er könne den Laden dichtmachen.
Shaheen Dill-Riaz beobachtet die Arbeiten an den Verschrottungs-Werften, wie die rostigen Pötte von Schweißern in kleinere Stücke geschnitten und unter großem Getöse auseinandergezogen werden. Er selbst ist in Chittagong aufgewachsen und spricht mit den Arbeitern der "PHP", der Name der Firma, wobei die Abkürzung euphemistisch "Peace, Happiness and Prosperty" bedeutet.
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Film-Inhalt |
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Die Abwrack-Werft PHP in Chittagong |
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Hintergrund | |
Eine Unterkunft für Werftarbeiter | |
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Als Kind hatte Shaheen Dill-Riaz die Werft PHP kaum wahrgenommen, nur durch Geschichten über Unglücksfälle ist der Ort in sein Bewusstsein gedrungen. So sind dort zwei Schweißer einer Explosion zum Opfer gefallen, mit denen er zusammen die Grundschule besucht hatte.
Neuerlich wurde ihm die Werft ins Gedächtnis gerufen, als er die Aufnahmen des brasilianischen Fotografen Sebastiao Salgado von 1989 sah. Der Artikel "The Shipbreakers" des Journalisten William Langewiesche aus dem Jahr 2000 in der Zeitschrift "The Atlantic" weckte in Dill-Riaz schließlich den Wunsch, dieses Thema filmisch zu behandeln.
Zu seiner Verwunderung war es nicht allzu schwierig, an eine Drehgenehmigung zu kommen. Er wandte sich an die "Bangladesh Shipbreakers Association", die ihm die PHP vorschlug. Als deren Bedenken ausgeräumt waren, das Filmteam wolle über Umweltverschmutzung berichten, ließen sie sie ohne weitere Auflagen aufs Gelände.
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Shaheen Dill-Riaz wurde 1969 in Dhaka geboren, der Hauptstadt Bangladeschs. Er begann seine berufliche Laufbahn als Filmjournalist und war Mitorganisator des International Short & Independent Film Festival Dhaka. Mit einem Stipendium des Goethe-Instituts studierte er ab 1992 an der Freien Universität Berlin Kunstgeschichte, anschließen im Fach Kamera an der HFF Potsdam.
Sein erster abendfüllender Film war 2001 mit "Mumbai Masala" eine Dokumentation über die indische Filmindustrie. Nach zehn Jahren kehrte Dill-Riaz wieder in seine Heimat zurück und drehte seinen Sein Abschlussfilm "Sand und Wasser", in dem er das Wechselspiel von Dürre und Überflutung in den Mündungsarmen der Flüsse Jamuna, Ganges und Meghna beschreibt.
Vor dem doch ziemlich sozialkritischen Dokumentarfilm "Eisenfresser" drehte Dill-Riaz 2005 "Die Glücklichsten Menschen der Welt", ein optimistisches und heiteres Portrait über vier Bewohner von Dhaka. Für "Eisenfresser" wurde Shaheen Dill-Riaz auf Festivals in Berlin, Köln, Paris, Tel Aviv und Kathmandu ausgezeichnet.
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Kurz-Bio Shaheen Dill-Riaz | |
Unkonventionelle Löschung der Ladung | |
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Zur Grossansicht bitte auf das jeweilige Bild klicken:
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Bild-Gallerie |
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Verloren zwischen einem Haufen Schrott | |
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Stab und Besetzung |
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Ein stählerner Riese wird zerlegt | |
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Regie: Shaheen Dill-Riaz
Buch: Shaheen Dill-Riaz
Kamera: Shaheen Dill-Riaz, Lawrence Apu Rozario,Motaleb Wasim
Schnitt: Andreas Zitzmann
Produktion: Kathrin Lemme
Musik: Eckart Gadow
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Zeitgleich mit dem Film "Eisenfresser" in der Regie von Shaheen Dill-Riaz liefen am 12.06.2008 in Deutschland im Kino auch die folgenden Spielfilme an: You Kill Me Gangsterkomödie, Kanada, USA, 2007
Wild Tigers I Have Known Drama, USA, 2006
The Happening Horror-Drama, USA, 2008
Nie wieder Sex mit der Ex Komödie, USA, 2008
Doomsday - Tag der Rache Actiondrama, England, USA, Südafrika, 2008
Der Weiße mit dem Schwarzbrot Dokumentation, Deutschland, Mali, 2007
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