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Das Jüngste Gewitter
Deutschland, Schweden, Dänemark, Norwegen, 2007 Tragikomödie, 94 Minuten, FSK: 6
Originaltitel: Du Levande
Kino-Start: 20.03.2008
Regie: Roy Andersson
Darsteller: Elisabeth Helander (Mia), Jörgen Nohall (Uffe), Jessica Lundberg (Anna), Eric Bäckman (Micke Larsson), Håkan Angser (Psychiater), Patrik Anders Edgren (Professor), Björn Englund (Tubaspieler), Birgitta Persson (seine Frau), Lennart Eriksson (Mann auf Balkon), Pär Fredriksson (Teppichhändler), Jessica Nilsson (Lehrerin), Gunnar Ivarsson (Geschäftsmann), Leif Larsson (Tischler), Waldemar Nowak (Taschendieb), Olle Olson (Berater), Kemal Sener (Friseur), Jan Wikbladh (Fan)
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Sieben Jahre hat sich Regisseur und Drehbuchautor Roy Andersson nach seinem in Cannes mit dem Jurypreis prämierten Meisterwerk "Songs from the second floor" Zeit gelassen. Mit "Das Jüngste Gewitter" präsentiert er ein ähnlich bizarres Werk, das wieder mit typisch schwedischem Humor burleske Alltagssituationen verarbeitet. |
Die Kamera beobachtet Menschen in einer Großstadt in ihrem Alltag, der ihnen selbst banal erscheinen mag, auf den Zuschauer aber durchaus absurd wirkt. In teils miteinander verwobenen Episoden ereignen sich Situationen in einer seltsam anmutenden Melange aus Gewohntem und Skurrilem.
Mia (Elisabeth Helander) ist eine mürrische Kellnerin in einer Kneipe. Sie fühlt sich unverstanden und meint, dass sie niemand liebt, weder ihr Freund Uffe noch ihr Hund Bobo. Der arbeitslose Uffe macht einen auf harten Macker. Er trägt Tattoos und Klamotten der Hell's Angels, lässt sich aber von seiner Mutter bekochen.
In Mias Lokal berichtet Anna (Jessica Lundberg) über ihren Traum von ihrer eigenen Hochzeit. Bräutigam ist Rockgitarrist Micke Larsson (Eric Bäckman, als "Cat Casino" Mitglied der schwedischen Industrial-Metalband Deathstars), und beide fahren in einem Haus auf Schienen durch die begeisterte Menge.
Eine Lehrerin (Jessica Nilsson) heult vor ihren Schulkindern wegen eines Streits mit ihrem Mann (Pär Fredriksson): Er hat sie eine Schlampe genannt. Der ist Teppichhändler und beklagt sich wiederum bei Kunden über seine Frau, weil sie ihn als Würstchen bezeichnet hat.
Ein Psychiater (Håkan Angser) fühlt sich nach 27 Berufsjahren ausgelaugt, weil ihn die Sorgen der eigenen Patienten bedrücken. Jetzt will er nur noch Pillen verschreiben, je stärker, je besser. Während eines Prozesses in einem Gerichtssaal helfen die Richter mit Bier der Wahrheitsfindung auf die Sprünge.
Eine mollige Frau mit Pickelhaube (Birgitta Persson) treibts im Bett mit einem Tubaspieler (Bjorn Englund), doch als der in seiner Wohnung auf dem Instrument übt, bringt er sowohl die eigene Frau wie auch den unter ihnen wohnenden Nachbarn gegen sich auf, der versucht, dem Treiben durch das Klopfen mit einem Besenstiel ein Ende zu bereiten. Das ganze amüsiert einen Beobachter (Lennart Eriksson) im gegenüberliegenden Gebäude...
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Film-Inhalt |
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Anna (Jessica Lundberg) erzählt von ihrem Traum |
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Hintergrund | |
Cat Casino aka Eric Bäckman als rockender Bräutigam | |
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Roy Andersson kam am 31. März 1943 in Göteborg zur Welt. Am Schwedischen Filminstitut in Stockholm schrieb er sich im Fach Regie ein und machte 1969 seinen Abschluss. Gleich mit seinem ersten Spielfilm "Eine schwedische Liebesgeschichte" ("En Kärlekshistoria") gewann er 1970 nicht nur den "Guldbagge" des Schwedischen Filminstituts, sondern er konnte auf der Berlinale gleich vier Preise mitnehmen.
Auch kommerziell war er damit erfolgreich, sahen sich doch fast 700.000 Schweden seinen Film im Kino an. Sein nächstes Werk "Giliap" von 1975 hingegen war ein kompletter Flop, nur ein Bruchteil der Produktionskosten wurden eingespielt, und Andersson stand kurz vor der Pleite.
Ein viertel Jahrhundert hat der Künstler danach die Finger vom Kinogeschäft gelassen und sich auf Werbespots fokussiert. Mit diesen kehrten Erfolg und Renommée zurück, so erhielt er allein achtmal den Goldenen Löwen in Cannes. Dazwischen lagen Fingerübungen mit ebenfalls prämierten Kurzfilmen, bevor Andersson im Jahr 2000 mit "Songs from the second floor" ("Sånger från andra våningen") ein eindrucksvolles Comeback auf der Leinwand feiern konnte.
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Während er für den Vorgänger "Songs from the second floor" vier Jahre gebraucht hatte, war Andersson mit "Das Jüngste Gewitter" schneller fertig. Vom Stil her ähneln sich die Filme aber deutlich. In beiden Werken werden absurde Episoden aus dem Alltag gemischt, und hier wie dort gibt es viele Einstellungen mit Weitwinkel und regungsloser Kamera.
"Das Jüngste Gewitter" wurde in rund fünfzig Szenen mit nur einer Einstellung gedreht, fast alle im Stockholmer "Studio 24". Durch den Weitwinkel - Kameramann Gustav Danielsson verwendet ein 16-mm-Objektiv bei klassischem 35-mm-Film - beabsichtigt der Regisseur seine Figuren in den Kontext ihrer Umgebung zu stellen.
"Es wird oft gesagt, dass wir jemandes Seele in seinen Augen sehen", erklärt Andersson. "Ich verstehe aber die Menschen besser, wenn ich sie in dem Raum beobachte, in dem sie wohnen, und in der Umgebung, die sie gewählt haben, um in ihr zu leben. Deshalb verwende ich keine nahen Einstellungen.
Weitere visuelle Merkmale von "Das Jüngste Gewitter" sind die Verwendung von diffusem Licht, geringe Farbkontraste und hell geschminkte Gesichter. Nach eigener Aussage beabsichtigte Roy Andersson mit diesen Maßnahmen eine "abstrakte Ästhetik" zu schaffen, der "Szenen kondensiert und vereinfacht."
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Roy Anderssons Stil | |
Lust und Last: Tubaspieler mit Frau | |
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Bild-Gallerie |
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Die Gehhilfe fühlt sich etwas sperrig an | |
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Stab und Besetzung |
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Groupie Anna schwärmt für Hevy Metal | |
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Regie: Roy Andersson
Buch: Roy Andersson
Kamera: Gustav Danielsson
Schnitt: Anna Märta Waern
Produktion: Pernilla Sandström
Musik: Benny Andersson
Kostueme: Sofia Frykstam
Darsteller: Jessika Lundberg, Elisabeth Helander, Björn Englund, Leif Larsson, Olle Olson, Birgitta Persson, Kemal Sener, Håkan Angser, Rolf Engström, Gunnar Ivarsson, Eric Bäckman, Patrik Anders Edgren, Lennart Eriksson, Pär Fredriksson, Jessica Nilsson, Jörgen Nohall, Waldemar Nowak, Jan Wikbladh, Bengt C.W. Carlsson
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Zeitgleich mit dem Film "Das Jüngste Gewitter" in der Regie von Roy Andersson liefen am 20.03.2008 in Deutschland im Kino auch die folgenden Spielfilme an: Tödlicher Anruf Mystery-Thriller, Japan, USA, 2007
Juno Tragikomödie, USA, 2007
Die Österreichische Methode Drama, Deutschland, 2008
Die Geheimnisse der Spiderwicks Fantasyabenteuer, USA, 2008
Dan - Mitten im Leben Romantik-Komödie, USA, 2007
Absurdistan Komödie, Aserbaidschan, Deutschland, 2008
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